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Heizenergie aus Rechenzentren: Heizen mit Serverabwärme als Alternative?

Kann Heizenergie aus Rechenzentren gewonnen werden, um die Unabhängigkeit von russischem Gas zu fördern? „Ja“! sagen Experten. Doch was steckt wirklich hinter der Idee „Heizen mit dem Internet“?

Wir zeigen, wie die Energiekrise — zumindest theoretisch — durch die Nutzung von Abwärme von Servern und Co. abgewendet werden könnte.

Generieren Sie Heizenergie aus Rechenzentren

Angesichts der drohenden Energiekrise stolpert die Politik offenbar zwischen Hilflosigkeit und Überforderung. Seit Beginn des Ukraine-Krieges durch Russland und den schnell verhängten Sanktionen gegen das Putin-Regime hat sich die Lage auf dem Energie- und Gasmarkt bedrohlich verschlechtert. Während erste Verhandlungen mit Gasländern wie Katar fast gescheitert sind und Norwegen nun auch angekündigt hat, keine Zusagen in Bezug auf höhere Lieferungen machen zu können, steht Deutschland mit dem Rücken zur Wand.

Das muss aber nicht der Fall sein, sagen einige Energieexperten und Forscher. Die von deutschen Rechenzentren erzeugte Abwärme könnte als alternative Heizenergie genutzt werden. Modellrechnungen zufolge ist es dadurch sogar möglich, Großstädte dauerhaft CO2-neutral zu beheizen. Aber ist Heizenergie aus Rechenzentren wirklich eine praktikable Alternative zu russischem Gas? Genau hier ist der Hase im Pfeffer…

Krieg gegen die Ukraine: Widerstand gegen Russland formiert sich auf den Straßen und auch im Netz. Es droht ein Cyberkrieg. Bild: Pexels/ Katie Godowski

Russlands Krieg gegen die Ukraine bedroht die größte Energiekrise der Neuzeit. Bild: Pexels/Katie Godowski

Heizen mit Serverabwärme — eine (theoretische) Alternative

In Frankfurt am Main, dem „Mekka“ der deutschen Rechenzentren und Standort des größten Internet-Hubs, wurden bereits erste Prognosen zum Heizen mit Abwärme gemacht. Sie kommen zu dem Schluss, dass es theoretisch möglich wäre, innerhalb der nächsten acht Jahre alle Haushalte und Büroräume mit Serverabwärme zu beheizen.

Auch der Branchenverband Bitkom unterstützt diese Idee einer alternativen Energieversorgung. Er fordert, dass das Potenzial von Rechenzentren sofort genutzt werden sollte. Bei aller Theorie und Liebe zu klimaneutralen Heizungsarten steht eines fest: Die Heizenergie aus den Rechenzentren kann schon jetzt nicht genutzt werden, um die Energiekrise 2022/2023 abzuwenden. Experten wie Béla Waldhauser, Sprecher der Eco Alliance, sagen: „Um den aktuellen Energiebedarf mit Abwärme zu decken, hätte die Bundesregierung zehn Jahre früher anfangen müssen — Deutschland hat die Heizungswende einfach verschlafen“.

Lösung für die Zukunft: Heizenergie aus Rechenzentren

Auch wenn es kurzfristig nicht möglich ist, Serverabwärme als Alternative zu russischem Gas zu nutzen, bieten die Rechenzentren langfristig ein hohes Potenzial, das ausgeschöpft werden muss. Es ist wichtig, dass die Politik dies anerkennt und die notwendigen Maßnahmen ergreift, um klimaneutrale Energie aus den Rechenzentren in die Haushalte zu bringen.

Was wird dafür benötigt? Ein ordentlicher Ausbau der Fernwärmenetze. Dadurch kann Serverabwärme effizient und kostengünstig in das Netzwerk eingespeist und auf einzelne Gebäude verteilt werden.

Warum ist das unabhängig von der Russlandkrise eine gute Idee? Weil die Abwärme auf die eine oder andere Weise erzeugt wird. Derzeit ist es jedoch unwirksam oder liefert maximal etwas Heizenergie für die unmittelbare Umgebung. Letzteres ist zumindest besser als nichts.

zu sehen ist eine Frau, die mit ihrem Laptop in einem Serverraum bzw. Rechenzentrum steht. Thema ist die Nutzung der Abwärme als Heizenergie für Haushalte und Unternehmen. Bild: Pexels/Christina Morillo

Bisher ist ein großer Teil der Abwärme von Servern im Verpuffen verpufft. Bild: Pexels/Christina Morillo

Innovative Heizsysteme nutzen, die Energiewende vorantreiben

Eine weitere Herausforderung für Politik, Anbieter und Klimaschutzbefürworter wird darin bestehen, die technologischen Voraussetzungen in privaten Haushalten und Gewerberäumen zu schaffen. Fast jede zweite Heizungsanlage in Deutschland gibt es seit über 20 Jahren. Hinzu kommt, dass bei Modernisierungsprojekten die Mühlen der deutschen Bürokratie zu langsam mahlen. Um eine echte Energiewende einzuleiten und die Unabhängigkeit von Russland und Norwegen zu fördern, müssen Genehmigungen schneller erteilt werden. Das gilt natürlich zunehmend auch für den Bau und Ausbau moderner Rechenzentren.

Experten sagen: Die Politik muss unbedingt (wirtschaftliche) Anreize sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen schaffen, mehr in innovative Energien und moderne Heizsysteme zu investieren. Im Prinzip ähnlich wie bei der Umstellung auf Elektroautos.

Skandinavien macht es vor: Heizenergie aus Rechenzentren

Erneut zeigt der europäische Vergleich, dass andere Länder Deutschland einen Schritt voraus sind. Dänemark zum Beispiel. Seit Jahrzehnten wird hier in die Nutzung von Abwärme, erneuerbare Energien und das Fernwärmenetz investiert. Und im Prinzip hat Nordeuropa die Chancen digitaler Infrastrukturen schon lange erkannt — unabhängig von ihrem eigentlichen Zweck.

Frankfurt macht jetzt einen Schritt in die richtige Richtung. Das Leuchtturmprojekt „Westville“ soll in den nächsten drei Jahren rund 1.300 Wohn- und Gewerbeeinheiten zumindest teilweise mit Heizenergie aus Serverabwärme von Rechenzentren versorgen. Und dank Internet ist es auch im Frankfurter Hotel Innside warm. Hier sorgt ein zwei Stockwerke tiefer gelegenes Rechenzentrum für heißes Wasser, das in den Heizkreis des Gebäudes eingespeist wird. Nach Angaben des Betreibers erzeugen die Server 600 Megawattstunden Wärme pro Jahr.

zu sehen sind zwei Personen, die sich über Rechnungen und einen Taschenrechner beugen. Das Thema ist das Sparen von Energiekosten im Unternehmen. Bild: Bexels/Mikhail Nilov

Die Energiekosten in Unternehmen können gesenkt werden. Bild: Pexels/Mikhail Nilov

Die Energiekrise 2022 steht vor der Tür…

… da sind sich eigentlich alle einig. Mit anderen Worten, es ist bereits da, weil die Gas- und Stromkosten bereits in die Höhe schnellen. Ob Privatpersonen oder Unternehmen: Einzelpersonen können keinen effektiven Beitrag zur Abwärmenutzung leisten, da Rechenzentrumsbetreiber Hand in Hand mit der Politik die Weichen stellen müssen. Aber was jetzt jeder tun kann, ist sparsam mit Ressourcen umzugehen.

Ansonsten bleibt nur die Zuversicht, dass die Passage „Wir werden die Rechenzentren in Deutschland auf ökologische Nachhaltigkeit und Klimaschutz ausrichten, auch durch die Nutzung von Abwärme“, im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung seine Worte in die Tat umsetzen wird.


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